Nathan hatte immer noch das Gefühl, an einem leichten Jetlag zu leiden, als er an diesem Abend nach der Arbeit zurück in sein Zimmer gekehrt war, um sich erst einmal aufs Bett zu werfen und doch nicht schlafen zu können. Die hellgetünchten Wände hatten sich ein wenig gedreht, sodass er den Kopf tief in seinem Kissen vergraben hatte, obwohl er es hasste, wenn selbiges nach Pferd, Schmutz und Schweiß roch. Aber direkt aufzustehen und nach dem viel zu schweren Abendessen zu duschen, wäre gerade absolut unmöglich gewesen. Dabei war er seit zwei Tagen wieder zurück, hatte das Wiedersehen mit Spirit und Neron gefeiert, wenn auch mehr in Form von Bodenarbeit und Leckerchen als durch ausgiebiges Training, und sich schließlich auch wieder an die Arbeit gewagt, um das neue Jahr nicht ganz verschlafen und träge zu beginnen. Zu viel mehr war er aber auch noch nicht gekommen. Seine Koffer standen noch unausgepackt in der Ecke, lediglich das Handgepäck hatte er aufgemacht und das nötigste, sprich MP3-Player und das dünne Büchlein über Artuslegenden, das sein Vater ihm unverständlicherweise geschenkt hatte, herausgenommen, um den Band im hinteren Ecken seines überquellenden Regals zu verscharren. Es war ihm wie ein Hohn vorgekommen. Das Buch war nichts, das man seinem Sohn schenkte, wenn man stolz auf ihn war oder ihm eine Freude machen wollte. Die Ausgabe war kritisch – voller Anmerkungen, in welchem alten Werk welche Version des Texts gestanden hatte – und nichts für die Freizeit, weil das Auge immer abgelenkt wurde. Letztlich sagte es nur eines aus: gib diesen lächerlichen Mädchen-Pferde-Beruf auf und tritt in die Fußstapfen deiner Eltern. Seine Mutter hatte sich schon mehr Mühe gegeben, Weihnachten in England erträglich zu machen. Aber das war zu erwarten gewesen. Weil sie ihm eine Tüte mit Karottenleckerli für Pferde gegeben hatte, vermisste er sie fast. Immerhin zeigte ihm das, dass sie seine Ausbildung nicht als sinnlose Zeitverschwendung ansah...
Wie auch immer, es war gut, wieder zurück zu sein, auch wenn ihm das Fliegen nicht bekam, er in den zwei Wochen Ferien träge geworden und immer wieder mit Erinnerungen konfrontiert worden war. Aber das war nun vorbei und er konnte langsam wieder in den Alltag zurück finden, obwohl dieser doch ein bisschen anders aussah als vor den Ferien oder eher vor Halloween. Jim war ihm heute im Stall über den Weg gelaufen, hatte gefragt, ob sie sich heute Abend bei ihm treffen würden und war, nachdem Nathan gerade einmal hatte nicken können, auch wieder weitergewuselt. Insgesamt hatte der Brite nichts dagegen, Freunde zu haben. Er mochte Jim und Ria und verbrachte gern Zeit mit ihnen, weil er nicht das Gefühl hatte, sich verstecken zu müssen. Mit der blonden Oberstufenschülerin konnte er wunderbar zusammensitzen und lesen oder sich über die Bücher unterhalten und die Arbeit wurde viel einfacher, wenn er zwischendurch über Jims Kommentare oder seine laute Art lachen oder lächeln konnte. Das jedoch änderte nichts daran, dass er doch ein wenig nervös war, jetzt, da er sich schließlich doch von seinem Bett erheben und unter die Dusche huschen konnte, um die Strapazen des Tages abzuwaschen. Gab es dazu einen Grund? Wahrscheinlich nicht. Trotzdem vergrub er die Hände tief in den Hosentaschen, als er eine halbe Stunde später mit ungestylten Haaren und einem schlabbrigen Pullover vor der Tür des anderen Auszubildenden stand und darauf wartete, dass dieser auf sein Klopfen reagierte.
[Rückblick Ferien; klopft an Jims Tür]
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Thema: Re: Back home Mo Feb 09, 2015 7:23 pm
Jim, Gulliver und Jolly waren alle gleichermaßen aufgeregt gewesen, wieder auf die Ranch zurückzukommen. Das Dreiergespann aus Emojunge, Kaltblüter und Huskydame war inzwischen hier zu Hause, das sahen alle drei so. Natürlich, es tat gut, die Familie und die ganzen alten Freunde wiederzusehen, aber hier auf die Ranch gehörten sie inzwischen einfach. Jim würde sicherlich am Boden zerstört sein, sollte er irgendwann mit der Ausbildung fertig sein und nicht übernommen werden - außer bis dahin zeigten sich seine Chancen im Musikbiz, aber das bezweifelte er inzwischen. Mal davon abgesehen, er genoss die Ruhe hier. Feiertage bei den Turners waren immer laut und chaotisch. Jim hatte drei Geschwister, und seine älteste und einzige Schwester war bereits verheiratet, hatte eine kleine Tochter. Und zusammen mit ihren Eltern fuhren sie jedes Jahr zum Haus der Eltern seines Vaters. Der hatte natürlich noch vier Geschwister, die dann auch noch mal ihre Kinder und Enkel mitbrachten. Insgesamt kam man Weihnachten schon mal auf 30 direkt Verwandte, nicht mal die Anverwandten eingerechnet. Es war laut, chaotisch, liebevoll und wunderbar. Zum Glück musste Jim nicht für jeden was kaufen - man schenkte Geschwistern und Eltern was und loste dann noch ein weiteres Familienmitglied, damit man nicht zu viel Geld auf den Kopf hauen konnte. Natürlich, Jim liebte es, genauso, wie er sich gefreut hatte, als er sich wieder mit seinen Bandkollegen treffen konnte, die er jetzt auch schon monatelang nicht gesehen hatte. Aber es war auch eine Menge Stress gewesen, und davon hatte Jim jetzt erstmal wieder genug. Es war schön, wieder in den Alltag zu rutschen, und all die Gesichter wiederzusehen, die er schon ziemlich vermisst hatte in den vergangenen drei Wochen. Es war natürlich auch ziemlich anstrengend - er war an die Arbeit schon seit so kurzer Zeit nicht mehr recht gewöhnt, und das allmorgentliche Schneeschüppen half seinem Muskelkater auch nicht so recht. Deswegen hatte er sich nach dem Abendessen erstmal heiß geduscht, dann in Gammelklamotten geschmissen - Ringelsocken, schwarze Jogginghosen und ein schwarzes Sweatshirt mit einem gepiercten Emohasen als Aufdruck, ein Geschenk seines kleinen Bruders - und sich schließlich mit Sue, seiner heißgeliebten schwarzen Gitarre aufs Bett geworfen. Er spielte nur ein paar zusammenhanglose Noten, mehr den Gedanken nachhängend, als es an der Tür klopfte. Jolly, immer aufgedreht und freundlich, obwohl er sie und Gullie heute Nachmittag auf einen zweistündigen Schneeausritt geführt hatte, hüpfte zur Tür, bevor Jim Sue auch nur aus der Hand legen konnte. Er verdrehte schmunzelnd die Augen, stellte die Gitarre weg, schob sich die Ärmel hoch und sprang zur Tür. "Jolly, back down", befahl er der roten Huskydame, und sie machte ein paar Schritte zurück ins Zimmer, beobachtete die Tür allerdings weiterhin aufgeregt. Sie wusste mit ziemlicher Sicherheit bereits, wer dahinter stand, bevor Jim sie öffnete. Und um ehrlich zu sein, vielleicht hatte Jim auch schon so eine Idee - immerhin hatte Nathan eher am Tag zugestimmt, dass sie sich treffen könnten. "Nate! Mein Lieblingsengländer!" Sie hatten sich bisher erst ein, zwei Mal flüchtig gesehen, und hatten noch nicht richtig eine Chance gehabt, sich wiederzusehen. Kurzerhand fiel Jim dem jungen Mann also erstmal um den Hals und umarmte ihn kurz, aber eng. "Immer rein in die gute Stube! Und, wie geht's wie steht's? Wie war's in England? Kommst du mit dem Jetlag klar? Willst du was trinken? Setz dich, wo auch immer es dir beliebt!" Manchmal war Jim einem kleinen Welpen ähnlicher, als Jolly es war, und die Hündin war gerade ein Jahr alt.
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Thema: Re: Back home Mo Feb 09, 2015 10:10 pm
Aus dem Zimmer des anderen Auszubildenden drangen vereinzelte Gitarrenakkorde, was Nathan ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Jim schien nichts zu spielen, zumindest konnte der junge Mann den einzelnen Klängen kein Lied zuordnen, was nicht so viel zu bedeuten hatte, weil er kein besonders großer Musikkenner war. Natürlich besaß er auch CDs, aber ein Lied war dann für ihn gut, wenn man darauf tanzen konnte – und für ihn bedeutete Tanzen nicht Hip Hop Musikelzucken. Doch er hatte nicht viel Zeit, um diesen tonalen Fetzen zuzuhören, die wie kleine Flocken durch die Luft schwebten. Ein Befehl erklang, wahrscheinlich an die Hündin gerichtet, die Jim sein Eigen nennen konnte. Kurz flackerte ein flaues Gefühl in Nathan auf. Huskeys hatten doch sicherlich einen Jagdtrieb und er roch nach seiner Katze Viola, die sich nach dem Duschen natürlich um seine Beine geschlängelt hatte, weil dieses verrückte graue Tier nichts lieber mochte als den Geruch von frischer Seife. Eine echte Lady eben. Dafür mied sie ihn aber, wenn er zu viel Aftershave aufgelegt hatte. Nun gut, dazu gab es ja sowieso kaum eine Gelegenheit – im Stall wie eine Parfümerie zu riechen, machte wenig Sinn. Hätte er jetzt vielleicht irgendetwas auflegen sollen? Aber letztlich war das Zimmer eines Freundes ja auch nicht viel anders als der Stall: ein Ort zum Entspannen. Und wenn er sich Gedanken über seinen Geruch machen wollte, hätte er auch auf den schlabberigen Kaputzenpullover verzichten und in eines der Hemden schlüpfen sollen, die in einem Schrank nur darauf warteten, dass sie getragen wurden. Aber die waren im Gegensatz zu jenem alternativen Kleidungsstück, das er jetzt trug, einfach viel zu kalt! Gerade als sich Nathan darüber Gedanken machen wollte, ob die Huskey-Dame ihn vielleicht wegen seines dezenten Katzengeruchs anfallen würde, ging jemand ganz anderer auf ihn los. Jim. Mit einem Begrüßungsausruf öffnete dieser die Tür und hing ihm plötzlich am Hals. Einfach so. Ohne jede Vorwarnung. Okay, von diesem Ausruf, den er gar nicht wirklich gehört hatte, abgesehen. Aber da war er plötzlich, der drahtige Jungenkörper an seinem, eine Hitzewelle in seinen Wangen. Unbeholfen tätschelte Nathan Jim den Rücken, kam sich dabei vollends vor wie der letzte Idiot, wie dieser Junge aus Bootcamp, der am Ende seine Eltern nicht mehr hatte umarmen können, weil in dem dämlichen Camp in diesem wirklich, wirklich, wirklich schlechten Buch Berührungen verboten waren, und hoffte gleichzeitig, nicht unhöflich zu sein, weil er die Umarmung einfach nicht genauso herzlich erwidern konnte. Und trotz all diesen Massen an Überfordungen schlich sich ein Lächeln auf Nathans Lippen, als er Jim ins strahlende Gesicht sehen konnte und die Umarmung vorbei war. Langsam folgte er dem Schwarzhaarigen in das Zimmer, das seinem bis aufs Haar und von der Fülle der Regale abgesehen glich. Die schwarze Gitarre fiel ihm recht direkt ins Auge, ebenso wie besagte Huskeydame, die schwanzwedelnd und sichtlich aufgeregt, auf dem Boden lag und ihn scheinbar nicht wegen Violas Odeur belangen wollte. Gut, so. Noch immer prasselten Jims Worte auf ihn ein, wie ein stetiger Regenguss, aus dem man nur das nötigste mitbekam: Setzen, Jetlag, trinken. Alles in Fragen, wenn man der Stimme folgte. Aber Nathan war zu abgelenkt vom fremden Zimmer, das nur oberflächlich wie seins war und doch so viel von der Persönlichkeit des Amerikaners offenbarte. „Ähm... Weihnachten war okay. Meine Familie ist... schwierig“, gestand er schließlich und setzte sich ans Kopfende von Jims Bett, zog ein Bein unter das andere und ließ den Blick erneut durch den Raum schweifen. „Wie war's bei dir? Oh und uhm... ein Wasser wäre nett.“
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Thema: Re: Back home Di Feb 17, 2015 4:42 pm
Es war mehr oder weniger etwas plötzlich gekommen, dass Jim und Nathan sich angefreundet hatten. Sie hatten ziemlich lange mehr nebeneinander hergelebt, als Zeit miteinander zu verbringen - natürlich, sie hatten beide viel im Stall zu tun und waren sich öfters begegnet. Aber es war diese Art 'öfters begegnen', dass man den Namen des Anderen kannte und sich auf der Stallgasse oder im Hof mal schnell zulächelte, wenn man aneinander vorbei ging. Geändert hatte sich das mehr oder weniger erst um Halloween, wo die zwei jungen Männer sich zusammen gefunden hatten, und schließlich feststellen durften, dass sie gar nicht soo unterschiedlich war, wie es manchmal schien. Inzwischen würde Jim Nathan nicht mehr missen wollen. Der britische Bücherwurm mochte manchmal vielleicht etwas seltsam sein - aber war Jim das nicht selbst? Wenn man es genau nahm, war er der Seltsame, mit seinem langen Haar und den unzähligen Tätowierungen und dem eigenen Klamottenstil. Aber sie mochten in vielerlei Hinsicht die gleichen Dinge, und konnten auch akzeptieren, wenn sie mal nicht der gleichen Meinung war. Es war wichtig, dass sie das taten, das wussten sie beide - und sie schafften es, ohne sich anzustrengen. Jim mochte diese Art Freundschaft, und er mochte Nathan. Und so freute er sich umso mehr, ihn wiederzusehen. Das die Umarmung nicht wirklich erwidert wurde, störte ihn nicht weiter - es war einer der vielen Ticks des Älteren, dass er die Berührungen nicht so recht einzuordnen wusste, die Jim so gern und so vielzählig verteilte. Jim machte einen kleinen Umweg am Minikühlschrank unter seinem Schreibtisch vorbei, um für Nathan eine Flasche Wasser und für sich eine Flasche Cola, die schon angefangen war, herauszuholen, und gab die Wasserflasche dann Nathan mit einem kleinen Lächeln. Bevor er sich setzte, packte er Sue wieder in ihre Wandhalterung neben dem Bücherregal - Ordnung musste sein -, und erst dann hockte er sich im Schneidersitz auf das Fußende des Bettes, Nathan zugewandt. Die Flasche packte er nach einem Schluck zwischen seine Beine und umfasste mit den Händen seine Schienbeine, sodass er leicht nach vorn gelehnt dasaß - offen, interessiert. "Es war laut, hauptsächlich. Wir sind eine große Familie, und wenn sich die ganze Sippe versammelt, ist das pures Chaos. Ich könnte schwören, ich hab nichtmal alle Anverwandten gesehen, obwohl wir zwei Wochen lang unter dem gleichen Dach geschlafen haben." Jim lachte, und musste schmunzeln, als er an all die überraschten Gesichter dachte, die er über die Ferien gesehen hatte, wenn er jemandem begegnet war, der den Neunzehnjährigen zuvor noch nicht wahrgenommen hatte. Und erst, als Jim seine Weihnachtsgeschichte raushatte, fragte er: "So schlimm? Willst du drüber reden, was passiert ist? Oder eher nicht so?" Jolly hatte sich derweil wieder von ihrem Platz auf dem Boden gewagt, und legte jetzt den Kopf auf das Bett neben Jims Bein - sie hatte immerhin inzwischen gelernt, dass sie nicht auf das Bett durfte. Jims Hand kam wie von selbst hoch, um seine Hündin zwischen den Ohren zu kraulen, was sie mit einem Hecheln erwiderte. Doch trotzdem lag seine Aufmerksamkeit noch immer auf Nathan; anders, als viele glaubten, war er tatsächlich gut darin, sich auf irgendwas längerfristig zu konzentrieren.
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Thema: Re: Back home So März 08, 2015 5:44 pm
Wie schön musste es sein, wenn man die eigene Familie gern sah, wenn es laut und lärmend war und man sich entscheiden konnte, wen man sehen und sprechen wollte, statt dazu genötigt zu sein, immer nur mit seinen Eltern zusammen zu hocken, wenn man sich nicht gerade unhöflich davor drückte. Andererseits kamen Nathan bei Jims Worten aber auch Bilder aus 'Kevin allein zu Haus' in den Sinn und das war so ziemlich die katastrophalste Vorstellung, die er mit Weihnachten verknüpfte. Zumindest als Kind hatte er den Film abgrundtief gehasst. Inzwischen schien es recht reizvoll, vergessen zu werden. Natürlich könnte er auch einfach in Amerika bleiben, aber er hatte seinen Eltern noch nie widersprechen können. In dieser Hinsicht war es ihm ja auch noch unbegreiflich, dass er jetzt nicht an einer Universität in England saß und Literatur studierte. Zumindest ein Mal im Leben war ihm die Rebellion also doch gelungen. Nathan drehte die Flasche auf seinem Knie einmal um ihre eigene Achse, bevor er sie aufschraubte und einen Schluck daraus nahm. Ziemlich kalt rann ihm das Wasser die Kehle hinab, sodass er kurz schauderte. Wer lagerte aber auch Wasser im Kühlschrank, wenn es draußen so stark schneite, dass der Brite bezweifelte, dass es je wieder hell werden würde. Dann säßen sie in einem ewigen Winter fest und ihm fielen gar keine guten schriftstellerischen Parallelen ein, die nicht abgedroschen klangen. Oder wenigstens welche aus Büchern, die er selbst gelesen hatte und nicht nur vom Hörensagen kannte. A song of ice and fire kam ihm natürlich in den Sinn, aber er hatte nur in die Bände hereingeschmökert, sie aber noch nicht mitgenommen. Aber eigentlich sollte er das mal, wenn er sich das Treiben vor Jims Fenster so betrachtete... Die nächsten Worte des Auszubildenen drangen nur undeutlich zu ihm durch. Wollte er darüber reden? Sicher war sich Nathan da ganz und gar nicht, aber er wusste, dass es früher oder später sowieso aus ihm herausbrechen würde. Und da war es besser, wenn er es Jim oder Ria erzählte als jemandem, dem er nicht vertrauen sollte. Gleichzeitig kam es ihm vollkommen belanglos und ziemlich bescheuert vor. Immerhin gab es auf der Welt Kinder, die hungerten, und Menchen, die andere umbrachten, ohne einen Grund zu haben. Und er schlug sich damit herum, dass er es seinen Eltern nicht recht machen konnte, obwohl er sich bemühte, obwohl er eine gute Ausbildung machte und diese wohl auch sehr gut abschließen würde. Obwohl er versuchte, nur Mädchen attraktiv zu finden und das so überhaupt nicht klappte, wenn er sich den schwarzhaarigen jungen Mann vor ihm betrachtete, nach dessen Mitgefühl er sich einerseits sehnte und vor dem er andererseits auch nicht schwach erscheinen wollte. Seufzend lehnte sich Nathan zurück, schloss die Augen und umkreiste mit den langen, dünnen Fingern den Hals der Wasserflasche, nahm deren Prägung wahr und begann langsam zu erzählen: „Meine Eltern sind Wissenschaftler... Mediävisten, also Leute, die sich mit dem Mittelalter beschäftigen. Aber vor allem halten sie sich für die Elite, weiß du. Natürlich wissen sie, dass sie Bäcker oder Klemptner brauchen, aber sie schauen auf sie herab, weil sie nicht wissen, was eine Âventiure ist oder dass Robin Hood nur eine Figur aus Legenden ist. Dad hätte es wahrscheinlich gerade noch so verstanden, wenn ich statt Mediävistik Literaturwissenschaft studiert hätte, aber eine Ausbildung zum Pferdetrainer passt nicht in sein Weltbild. Wobei ich da sowieso nicht mehr reinpasse, weil ich... naja.“ Allein es auszusprechen, glich einem Hürdenlauf unter Kanonenfeuer. Nathan öffnete die Augen wieder, sah Jim an und schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass es nichts an ihrer Freundschaft ändern würde, wenn der Musiker wusste, dass sie doch mehr gemeinsam hatten als erwartet. „... mich nicht nur für Frauen interessiere“, schloss er dann etwas leiser und spannte unbewusst die Schultern an.
[Gedanken über Familie & Wetter / Antwort]
Gast Gast
Thema: Re: Back home Fr März 13, 2015 8:14 pm
Jim konnte sich nicht vorstellen, wie es war, wenn die eigene Familie nicht hinter einem stand. Natürlich, seine Eltern und er waren nicht immer einer Meinung - sie waren bestimmt nicht begeistert, dass er inzwischen anderthalb Sleeves fertig hatte und sich auch über seinen Oberkörper und Rücken die Tintenverzierungen zogen -, aber sie unterstützten ihn trotzdem mit allem, was er machte. Sie hatten seine Exfreunde mit genauso offenen Armen in die Familie aufgenommen wie seine Exfreundinnen, und hatten zu ihm gestanden, auch, wenn es seine Freunde oder die Schule es nicht getan hatten. Und dann war da sein Bruder - sein allerbester Freund. Auf ihn konnte Jim sich verlassen, ganz egal, was käme, und für ihn würde er durchs Feuer gehen. Kurz gesagt, Jim liebte seine Familie, konnte eigentlich nicht ohne sie leben. Er war unfähig, in Worte zu fassen, wie leid ihm Nathan tat. Wie konnten seine eigenen Eltern ihn nicht so nehmen wie er war? Dabei war der junge Mann doch alles andere als eine schlechte Partie. Gut, er war vielleicht etwas zurückhaltend und unbeholfen, aber er war intelligent und sportlich, einfühlsam, ehrlich und humorvoll, zuvorkommend und zudem auch noch mit einem verdammt attraktiven Äußeren gesegnet (jedenfalls, wenn man Jim fragte). Wie konnte man nicht stolz sein, so einen Sohn zu haben? Ehrlich gesprochen verstand Jim das nicht. Aber er verstand auch einiges nicht. Zum Beispiel, wie sie es geschafft hatten, sich schon monatelang zu kennen und sich seiner Meinung nach ziemlich gut angefreundet zu haben, und Jim trotzdem so wenig über Nathan wusste. Er hatte zum Beispiel verpasst, dass Nathan bisexuell - oder demi oder pan oder was, Jim wollte ja keine voreiligen Schlüsse ziehen - war. Wie konnte er das verpasst haben? Jim hatte einen verdammten Riecher für sowas; er wusste einfach, wann jemand nicht so ganz so hetero war, wie er es eben auch war. Irgendwie war ihm das bei Nathan anscheinend untergegangen - vielleicht war er von der Form seines Kiefers abgelenkt gewesen oder so. Jim wurde häufig von solchen banalen Dingen abgelenkt, das hatte ihn in der Schule manches Mal ganz schön in die Scheiße geritten. Jedenfalls, was ihn störte war, dass er das nie bemerkt hatte, obwohl sie doch eigentlich schon viel Zeit miteinander verbracht hatten. Wer es schaffte, einen Teil seiner Selbst so gut zu verstecken, musste ziemlich verzweifelt sein. Trotzdem ging Jim nicht weiter darauf ein, reagierte nichtmal irgendwie überrascht oder so - immerhin war es für den Teenager ganz normal, dass nicht jeder in dieses beschissene heteronormative Weltbild reinpasste. "Goooott, das klingt schrecklich. Ich mein, der Beruf ist cool, würd mir Lernen liegen, hätte ich wahrscheinlich auch sowas in die Richtung studiert. Aber ich mag es nicht, wenn man uns einfache Leute wie was Unterlegenes behandelt, nur weil wir nicht aufs allerbeste College gegangen sind. Aber mal davon abgesehen - wie können sie es bringen, dich nicht zu unterstützen? Du bist ihr Sohn, sie sollten stolz auf dich sein; sie haben jeden Grund dazu, wenn man mich fragt. Ich bin froh, dass du nicht so bist wie deine Eltern." Darüber konnte er sich viel besser aufregen - kaputte Familienverhältnisse waren Jims Meinung nach etwas viel Schlimmeres als so was Natürliches wie eine Sexualität. Wie sein Dad immer sagte: ein Mensch entscheidet sich nicht, in wen er sich verliebt; aber ein Mensch entscheidet sich, wen er schlecht behandelt und wen nicht.
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Thema: Re: Back home Fr März 13, 2015 9:38 pm
Nathan wusste nicht, wann oder ob er überhaupt jemals mit einem Menschen darüber gesprochen hatte. Es hatte immer Teile seines Lebens gegeben, den er nur mit sich und einem Tier geteilt hatte. Viola müsste eigentlich längst abgekaute Ohren haben, weil er ihr so viel erzählte, wenn sein Mitbewohner nicht im Zimmer war. Auch Inspiration kannte die Redeattacken nur zu gut. Jedes Mal, wenn sie gemeinsam in den Wald ritten, begann er mit ihm zu reden und ihm Sachen zu erzählen. Viele Dinge konnte man eben nicht nur in sich einschließen, sie mussten das Gefängnis der Lippen verlassen, mussten ausgesprochen werden. Seine Tiere verurteilten ihn nicht. Sie teilten jedes Leiden mit ihm, aber auch sie zeigten ihm manchmal, dass ihnen seine Geschichten zu viel wurden. Viola fauchte schon mal, Inspiration schüttelte die Mähne oder wehrte sich gegen seine unaufmerksame Hilfengebung. Aber Jim vor ihn hörte zu, ohne ihn zu unterbrechen und auf seinen Gesichtszügen las er nur Mitleid und Mitgefühl. Keine Verurteilung. Und da war noch etwas, doch das konnte Nathan nicht einordnen. Außerdem hatte er auch gar nicht die Zeit dazu, weil er seinen Blick durch das Zimmer schweifen ließ, über die schwarze Gitarre Sue, Jims Hund und die Einrichtung, die der seines Zimmers aufs Haar glich. Ausnahmsweise schaffte es jedes Wort des Auszubildenden in seinem Kopf einen Abdruck zu hinterlassen, wie wenn jemand mit einem Stempel kleine Bilder auf ein Blatt Papier drückte. Auf Nathans Papier waren bereits unzählige Abdrücke, große und kleine, bunte und graue. Im Moment jedoch war das Muster des jungen Mannes vor ihm deutlich zu sehen, als glänze die Tinte noch im Licht. Auch sie würden den brünetten Briten vielleicht verändern. Weil es schon lange niemandem mehr gegeben hatte, mit dem er auf diese Art hatte reden können. „Mum ist da etwas anders als Dad“, stellte er leise richtig. Seine Mutter musste er da verteidigen, obwohl sie sich weniger gegen seinen Vater stellte, als er sich wünschte. Wäre sein Leben anders verlaufen, wenn sie sich öfter auf seine Seite geschlagen hätte, statt sich in ihren Miniaturmalereien zu vergraben und mit hängenden Schultern hinter seinem Dad zu stehen? Er wusste es nicht, vermutete es aber. „Sie war es damals, die mich auf das Reitinternat geschickt hat, hab ich das mal erzählt? Dabei hat sie Angst vor allem, was größer als ein Pony ist. Aber mein Vater.... reden wir bitte über etwas anderes, ja?“ Dann sah er Jim in die blauen Augen und ins Gesicht, vorbei an den Piercings und durch die zotteligen Haare hindurch. „Aber danke. Du... bist ein wirklicher Freund.“ Das war er wirklich. In den letzten Monaten hatte Nathan das immer wieder feststellen können. Sie hatten viel geredet und auch viel gelacht. Die Arbeit im Stall war angenehm, wenn der Amerikaner in der Nähe war und manches schwierige Pferd hatten sie immerhin auch zusammen beruhigen können, bevor es bewegt werden sollte. Wahrscheinlich wären sie auch ausgeritten, wäre das Wetter im November nicht umgeschlagen, sodass man unfassbares Glück hatte haben müssen, um in den Wald gehen zu können. Und wenn er so in den Nachthimmel außerhalb des Fensters blickte, würden Ausritte im Schnee so schnell auch nicht mehr möglich sein...
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Thema: Re: Back home Mo Apr 06, 2015 12:03 pm
Jim kam generell mit allen Menschen gut klar - er war offen, er war akzeptierend, und eigentlich auch immer nett zu allen. Klar, es gab Leute, die ihn komisch behandelten, weil er lange Haare hatte und inzwischen von Tattoos übersäht war; aber dadurch er sich nicht verhielt wie ein tätowiertes Arschloch, wie es so viele von ihm erwarteten, begannen die meisten schnell, ihn anders zu verhalten. Seine Mutter hatte ihm mal gesagt, dass der erste Gedanke, den man hatte, das war, was einem eingetrichtert worden war zu denken, und der zweite erst sein eigener war, also hatte Jim da absolut keine Probleme mit. Er konnte über so was schnell drüber hinwegsehen, genauso wie über Streits oder dumme Kommentare - solange man ihm zeigte, dass das nicht alles war, dass man auch anders konnte, war doch alles gut. Deswegen hatte er ziemlich viele Freunde und Bekannte, und wenn jemand gegen seine Art zu leben war, dann war das halt so. Nathan, konnte er durchaus sagen, gehörte auch zu seinen Freunden. Der junge Auszubildende hatte ihn nie komisch angeguckt, obwohl er Jim das erste mal gesehen hatte, als er sich gerade in der Bullenhitze, in der er hatte die ersten Tage schuften dürfen, das durchgeschwitzte T-Shirt über den Kopf gezogen hatte, wobei er sämtliche 33 Tattoos - inzwischen 36 - zur Schau gestellt hatte. Als Jim Nathan entdeckt hatte, war er schnell gewesen, sich wieder irgendwas anzuziehen, hatte zwei Wasserflaschen von der Bank gefegt, seinen Besen umgeschmissen, sich selbst fast damit getroffen und eine Entschuldigung zusammengestottert, die mehr als nur albern gewesen war. Danach war sich Jim nicht sicher gewesen, wie er mit Nathan hatte umgehen sollen, aber spätestens seit Halloween hatten sie eine coole Freundschaft aufgebaut - Jim fühlte sich wohl mit dem Älteren, und ihm war nie bewusst gewesen, aus was für Umständen Nathan gekommen war. Vielleicht war das das Gute an so einem Hof wie der Horizon Ranch: hier zählte nicht, wo man herkam, hier zählte, was man daraus machte - aus sich machte. Jim hatte das für sich selbst immer schon festgestellt, aber Nathan war eins der Beispiele, das zeigte, dass es für alle galt, nicht nur für den tätowierten Freak aus der Großfamilie. Die Sache war, jetzt, wo Jim langsam hinter die Fassade gucken konnte, wünschte er sich, er hätte eher die Nase dahinter gesteckt; denn das, was Nathan ihm gerade erzählt hatte, erklärte so viel, das Jim vorher immer als gegeben hingenommen hatte. Es überraschte ihn selbst, dass er vorher noch nicht selbst auf die Idee gekommen war. Und trotz dem, was gerade durch Jims Kopf ging, überraschten ihn Nathans Worte: er wollte nicht drüber reden war okay. Aber er hielt Jim für einen guten Freund? Sogar Jim hielt sich nur für einen Clown, einen Entertainer, einen Freigeist, einen lustigen Freund - niemals einen guten. Und so lief er erstmal rot an, und auch nicht auf die attraktive Art. Seine Ohren, seine Wangen und sein Hals liefen fleckig rot an, sein Gesicht schien zu brennen, und er konnte Nathan nicht mehr wirklich angucken, obwohl er bis gerade noch seinen unverwandten Blick erwidert hatte. Trotzdem tat Jim das, was er am Besten konnte: er lachte es weg. "Ach was", sagte er, "Ist doch selbstverständlich, dass ich sowas denke und so. Ganz natürlich. Ich meine, es ist - du willst nicht drüber reden. Da war ja was." Er lachte, fuhr sich etwas unbeholfen durch den Nacken. Er konnte einfach nicht mit Komplimenten umgehen, okay? Er konnte es nicht; lag vermutlich an dieser schrecklichen Zeit in seinen jüngeren Jahren, wo sein Selbstwertgefühl ungebremst in den Keller gerasselt war. Er hatte es immer noch nicht wieder ganz auf ein Normallevel zurückgebracht. "Also, du willst über was anderes reden. Okay - gilt deine Sexualität als was anderes? Denn während ich das absolut nicht schlimm finde, wäre ich schon durchaus daran interessiert, zu erfahren, welcher Sexualität du angehörst und wie du's herausgefunden hast und so." Vermutlich war das auch nicht die beste Idee, aber Jim konnte sich die Worte nicht verkneifen - nicht, wenn er immer noch damit beschäftigt war, die Farbe aus seinem Gesicht rauszukämpfen. "Wir müssen nicht, wenn du nicht willst - aber ich könnte dir dann auch erzählen, wie das bei mir war und so. Ich hab mal irgendwann gehört, dass das helfen soll - aber du kommst damit klar, oder? Wow, ich bin so verpeilt" Noch ein Lachen, und dieses Mal schickte er sogar ein leicht unsicheres Lachen zu Nathan. Jetzt hätte er doch gern Lolly bei sich - die hatte sich aber in ihr Körbchen verkrümelt, nachdem ihr die Aufmerksamkeit, die sie bekommen hatte, nicht ausreichend gewesen war.
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Thema: Re: Back home Mo Apr 06, 2015 9:08 pm
Jims Gesicht lief so fleckig rot an, dass Nathan im ersten Augenblick an eine allergische Reaktion gegen Cola oder Geständnisse dachte. Konnte man gegen Cola überhaupt allergisch sein? Wobei so eine Allergie definitiv nicht verkehrt sein konnte, Cola konnte man ausweichen. Gluten oder Laktose stellte er sich da viel problematischer vor oder – Gott bewahre – Pferdehaare. Nein, daran wollte er auch überhaupt nicht denken, allerdings müsste er das vielleicht, falls sich Jims Gesicht nicht wieder normalisierte oder er vielleicht noch anschwellen würde wie Harrys Tante, also nicht Petunia, aber er hatte den Namen vergessen, im dritten Band. Aber Jim lief weder noch schwoll er an. Er konnte ihm nur nicht mehr in die Augen blicken und da wusste Nathan, dass es jetzt vorbei war. Irgendetwas war schief gelaufen, grandios schiefgelaufen und am besten sollte er gehen, sich mit einem Buch ins Bett legen und Viola zu Tode kuscheln. Wobei das unwahrscheinlich war, dass seine Katz das zu lassen würde. Wahrscheinlich würde Henry ihn am nächsten Morgen eher mit ausgekratzten Augen auffinden. Und das alles war gerade ja wirklich vollkommen irrelevant, während er darauf wartete, dass Jim offenbarte, was er, also Nathan, falsch gemacht hatte. Aber so kam es nicht. Nathan blinzelte den schwarzhaarigen Auszubildenden mit großen Augen an, als dieser offensichtlich verlegen reagierte. Was konnte ihn denn bloß verlegen gemacht haben? Sein Kompliment? Aber... jeder bekam doch gern Komplimente, wie konnte es dann sein, dass sich Jim nicht darüber freute? Vor allem, weil Nate es absolut ernst gemeint hatte, dass Jim ein guter Freund war. Seit Halloween hatte er das so oft bewiesen! In das verlegene Lachen stimmte der Dressurfan leise ein und zog die Knie an den Körper, was sich schließlich doch als unbequem entpuppte, sodass er sie wieder sinken ließ. Zappeln war ihm eigentlich nicht zu eigen, es sei denn, ein Buch war wirklich spannend, dann konnte er kaum still sitzen. Aber das hier war keine Geschichte, das war sein Leben. Und gerade wusste er gar nicht, was genau in Jim vorging, bis dieser erneut zu sprechen begann. „Gilt deine Sexualität als was anderes? Denn während ich das absolut nicht schlimm finde, wäre ich schon durchaus daran interessiert, zu erfahren, welcher Sexualität du angehörst und wie du's herausgefunden hast und so.“ Nun war es an Nathan rot zu werden und endgültig zapplig auf seinem Sitzplatz hin und her zu rutschen. Das erneute leise Lachen machte da gar nichts besser, außer dass auch er wieder etwas kichern musste. Diese Situation hatte nichts Komisches, aber Menschen lachten schließlich auch, wenn sie mit einer Situation nicht wirklich klar kamen. „Also. Ähm... ich... ich komme... ich hab's inzwischen akzeptiert, wenn du das meinst“, antwortete Nathan langsam, stand tatsächlich einmal auf, um sich das Bücherregal anzusehen – der Ruhepunkt in jedem Raum. Dann erst begann er zu sprechen, ließ seine Fingerspitzen über das Holz gleiten, ehe er sich mit dem Rücken dagegen lehnte und den gepiercten, tätowierten jungen Mann ansah. Dann räusperte er sich leise, blickte zur Decke, als finde er dort die Antwort darauf, was er tun sollte. „Naja, ich... also.“ Erneutes Räuspern. „Bin bi. Und... okay, ich war dreizehn und da war der andere Junge in der Klasse. Adrian und... naja. Wir haben uns gut verstanden, waren Freunde und ich wurde eifersüchtig, wenn er mit einem Mädchen redete. So hab ich's gemerkt und weil es einfach etwas ganz Besonderes war, ihn zu küssen.“ Ein trauriges kleines Lächeln glitt über seine Lippen, ehe es erfror, als die Erinnerung an seinen Vater in seinem Kopf Gestalt annahm. Ein Schauer lief über seinen Rücken und kein Wort mehr über seine Lippen, zumindest für den Moment nicht.